In den letzten Tagen
vor ihrem Tod rief Nel Abbott ihre Schwester an. Julia nahm nicht ab,
ignorierte den Hilferuf. Jetzt ist Nel tot. Sie sei gesprungen, heißt es. Julia
kehrt nach Beckford zurück, um sich um ihre Nichte zu kümmern. Doch sie hat
Angst. Angst vor diesem Ort, an den sie niemals zurückkehren wollte. Vor lang
begrabenen Erinnerungen, vor dem alten Haus am Fluss, vor der Gewissheit, dass
Nel niemals gesprungen wäre. Und am meisten fürchtet Julia das Wasser und den
Ort, den sie Drowning Pool nennen.
Ihr lest, schon, der Klappentext klingt verdammt spannend,
aber auch irgendwie verwirrend. Eine Leiche wird gefunden und daran hängen
viele weitere Handlungsstränge, aus vergangenen Jahrhunderten, aber auch aus
der Gegenwart. Ob Nel Abbott wirklich gesprungen ist, ist nach einiger Zeit
nicht mehr die zentrale Frage in Paula Hawkins Spannungsroman. Vielmehr
vermischen sich Geschichten zu einem riesigen Konstrukt aus ungeklärten Fragen,
das sich immer weiter aufbaut und zu weiteren Fragen führt.
„Into the Water“ von Paula Hawkins ist ein ganz spezieller
Spannungsroman, einer in der Art, in der ich noch keinen gelesen habe. Der
Roman ist aus der Sicht vieler verschiedener Personen geschrieben, die alle das
Dorf Beckford bewohnen oder dort als Polizisten vor Ort sind. Jeder hat seinen
Blick auf das Geschehen, jeder hat andere Erinnerungen oder hat sich seine
Erinnerungen ausgedacht. Da kommt schnell Verwirrung in die
Personenkonstellation und auch in den Handlungsstrang, die nicht so einfach
aufgehoben werden kann. Wer nicht konzentriert liest, ist schnell raus.
Die Geschichte selbst hat bei mir nicht so eine Faszination
ausgeübt, wie andere Krimis oder Thriller. Hier geht es um die verstrickten
Schicksale mehrerer Frauen, die allesamt in einem Tümpel in einem Fluss
ertrinken. Die Grundidee ist natürlich spannend, aber es geht ihr schnell vom
Hundertstel ins Tausendstel. Letztendlich werden drei Todesfälle auf einmal
aufgeklärt, wobei der von Nel Abbott der zentrale Fall ist. Und irgendwie hängt
doch alles zusammen. Für meinen Geschmack war das ein wenig viel Zusammenhang,
die Idee finde ich aber wunderbar.
Auch der Schreibstil passt zu den jeweiligen Personen, selbst wenn man mal nicht auf die Unterzeile mit dem Namen geschaut hat, erfasst man recht schnell, aus welcher Sicht geschrieben wird.
Insgesamt finde ich „Into the Water“ einen gelungenen
Spannungsroman, aber nicht spannend genug, um ihn ein zweites Mal zu lesen.
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Hey, danke dass du den Post gelesen hast! Über einen Kommentar würde ich mich sehr freuen :) Deine Sophie